I. Gesten werden häufig als Figuren des Übergangs beschrieben. Sie artikulieren dann
einen Zeitpunkt, ein Stadium oder eine Betrachtungsebene an der Grenze zur Sprache.
Quintilian z.B. empfiehlt dem Redner, sich vor dem Ergreifen des Wortes zu erheben,
"die Toga zurechtzurücken, oder, wenn nötig, sie ganz neu umzuschlagen", unter
Umständen "sich über den Kopf zu streichen, auf seine Hand zu schauen, mit den
Fingerknöcheln zu knacken" (Inst. or. XI, 3, 156; 158). Condillac nimmt an,
daß die Menschen durch Gesten kommunizierten, bevor sie die Sprache erfanden. Proust
beginnt seine Suche nach der verlorenen Zeit mit einer Serie zufällig eingenommener
Körperstellungen, die den bald schlafenden, bald wachenden Protagonisten Marcel in
wechselnde imaginäre Räume versetzen und auf diese Weise den Prozeß der memoria
inaugurieren, mündend in die verbale Gestalt der Recherche. Diese
präliminarischen Gesten sind ein erster Anknüpfungspunkt für die gestische
Literaturkritik der sogenannten Genfer Schule.
Einen zweiten bildet die traditionelle Zusammengehörigkeit von Gestik und
Stilistik. Sie läßt sich ebenfalls in die antike Rhetorik zurückverfolgen. Was eine
Redefigur ist, erklärt Cicero anhand ihrer griechischen Bezeichnung schema
(Körperhaltung, Stellung, Gebärde): Eine Geste der Rede nämlich, die, wie Quintilian
später ausführen wird, entweder eine beliebige natürliche Körperhaltung (lat. habitus)
sein kann oder auch "eine wohlüberlegte Veränderung im Sinn oder Ausdruck
gegenüber seiner gewöhnlichen, einfachen Erscheinungsform, so wie wir auch sitzen, uns
lagern, zurückschauen" (Quint., Inst. or., IX, 1, 10f.; Cicero, Or.,
25, 83, 2). Speziellere Figuren dieser Art müssen im niederen und mittleren Stil mit
Vorsicht gebraucht werden; gehäuft sind sie nur im genus grande angemessen. Die
Gesten der Rede gehören also zu ihren hervorstechenden stilistischen Eigenschaften. Noch
der soziologische Begriff des Habitus, den Pierre Bourdieu im Kontext seiner Theorie der
Lebensstile entwickelt hat, reflektiert diese rhetorische Tradition und bindet sie zurück
an das Gestikulieren des menschlichen Körpers, das durch seine kollektive Codierung als
Indiz sozialer Herkunft lesbar wird:
Die stilistische Affinität der Praxisformen eines Akteurs oder aller Akteure einer
Klasse [...] leitet sich daraus ab, daß sie alle aus Übertragungen derselben
Handlungsschemata auf die verschiedenen Felder hervorgehen. Ein vertrautes Paradigma für
diesen Analogie stiftenden und auf Analogien basierenden Operator, eben den Habitus, liegt
im 'Schreiben' vor: kraft dieser [...] besonderen Art und Weise des Zeichnens von
Buchstaben, wird stets die gleiche Schrift erzeugt, d.h. graphische Linien, die [...] auf
Anhieb eine Art Familienähnlichkeit sichtbar werden lassen, ähnlich wie die
stilistischen Merkmale oder die Manier, an denen man einen Maler oder Schriftsteller
ebenso unfehlbar erkennt wie einen Menschen an seiner Gangart (Bourdieu 1979, 282).
Bourdieu bringt seinen gestischen Stilbegriff ausdrücklich mit Proust in
Zusammenhang, verweist allerdings nicht auf den Beginn der Recherche, sondern auf
Prousts Theorie des Pastiche, der Stilkopie. Wer lange genug dem inneren Rhythmus einer
Lektüre gefolgt ist, neigt nach Proust dazu, im Stil des Gelesenen weiterzusprechen, d.h.
in Bourdieus Worten: den gegebenen Habitus zu reproduzieren. Ein verwandtes Modell, das im
Gegensatz zu Bourdieus Soziologie der Lebensstile jedoch das kreative Potential der
gestischen Mimesis akzentuiert, möchte ich im folgenden anhand von Texten der 'Genfer'
Literaturkritiker Georges Poulet und Jean Starobinski vorstellen. 1. Le geste créateur (Georges Poulet) Georges Poulet hat im Vorwort seiner Essay-Sammlung La conscience critique
den Ausdruck "critiques d'identification" gebraucht, um zu bezeichnen, was ihn
mit seinen Zeitgenossen Gaston Bachelard, Marcel Raymond, Maurice Blanchot, Jean Rousset,
Jean-Pierre Richard und Jean Starobinski ebenso verbindet wie mit Mme de Staël und
Charles Baudelaire: Eine Praxis der Literaturkritik, deren Ausgangspunkt das lesende Mit-
bzw. Nacherleben einer fremden, sich nur im Kunstwerk ausprägenden Bewußtseinsrealität
ist (Poulet 1971, 9f.). Der identifikatorische Kritiker wiederholt innerlich die
schöpferische Geste ("le geste créateur"; ebd., 51), die dem Gegenstand seiner
Lektüre zugrundeliegt und aus ihm herausgelesen werden kann. Er überantwortet sich
rückhaltlos der Gedanken- und Gefühlswelt des literarischen Ich, richtet ihm in seinem
Bewußtsein vorübergehend eine Wirkungsstätte ein. Zugleich aber gibt der Nachvollzug
des fremden Schöpfungsakts den Impuls zu einer eigenen Kreation. Am Ende tritt das Werk
des Kritikers gleichberechtigt neben das literarische Werk, das sein Substrat ausmacht;
die Annäherung an das Gegenüber hat im selben Zuge einen Prozeß der Selbstfindung
ausgelöst, der sich in der Eigenart des kritischen Vorgehens niederschlägt.
Daß Poulet für den kreativen Bewußtseinsakt, den es ausgehend vom Werk zu
rekonstruieren gilt, die Metapher der Geste wählte, ist kein Zufall. Gleich im zweiten
Essay von La conscience critique entwickelt Poulet das identifikatorische
Dichtungs- und Kritikverständnis Baudelaires anhand eines ausgedehnten gestischen
Gleichnisses, für dessen Triftigkeit neben Baudelaire selbst auch Edgar Allan Poe und
Honoré de Balzac Zeugnis ablegen. Auf der Suche nach Romanfiguren notiert Balzac auf der
Straße Gesten, Mimiken, Redens- und Verhaltensweisen, er schlüpft gleichsam in die Haut
der Passanten, empfindet ihre Lumpen auf seinem Rücken und geht mit seinen Füßen in
ihren durchlöcherten Schuhen (ebd., 27). In Edgar Allan Poes Erzählung The Purloined
Letter – Baudelaire zitiert sie in seiner Eloge des Schauspielers Philibert
Rouvière (Baudelaire 1976, 65; Poulet 1971, 30f.) – dient der physiognomische Trick
eines Schuljungen als Modell detektivischen (und im übertragenen Sinne: philologischen)
Scharfsinns:
"When I wish to find out how wise, or how stupid, or how good, or how wicked is any
one, or what are his thoughts at the moment, I fashion the expression of my face, as
accurately as possible, in accordance with the expression of his, and then wait to see
what thoughts or sentiments arise in my mind or heart, as if to match or correspond with
the expression." This response of the schoolboy lies at the bottom of all the
spurious profundity which has been attributed to Rochefoucauld, to La Bougive, to
Machiavelli, and to Campanella (Poe 1993, 140).
"Wenn ich herausfinden möchte, wie klug oder wie dumm oder wie gut oder wie böse
jemand ist oder was er gerade denkt, bringe ich meinen Gesichtsausdruck so genau wie
möglich in Übereinstimmung mit seinem und achte dann darauf, welche Gedanken oder
Gefühle in meinem Geist oder Herz aufsteigen, wie um zum Ausdruck zu passen oder ihm zu
entsprechen." Diese Antwort des Schuljungen liegt am Grunde der ganzen
vorgetäuschten Tiefe, die man La Rochefoucauld, La Bougive, Machiavelli und Campanella
zugesprochen hat. Baudelaire selbst schließlich sieht im "Eintreten in die Haut des
geschaffenen Wesens" (Poulet 1971, 33) sowohl die Praxis des Dichters, der sich mit
seinem Bedürfnis nach "universeller Kommunion" unter die Menschen begibt und
wie eine irrende Seele auf der Suche nach einem Körper ihre Persönlichkeiten annimmt
(ebd., 28), als auch die Aufgabe des Kritikers. Um ein Werk darstellen zu können (représenter,
exprimer une uvre; ebd., 33), muß der Leser von ihm durchdrungen sein, als
wäre es das eigene.
Voraussetzung und Ziel des gestischen Mimetismus ist die Übereinstimmung von
Außen und Innen. "Das Äußere ist für ihn [Balzac] ein Mittel, sich das Innere zu
erschließen" (ebd., 27), oder, mit dem Vokabular der Baudelaireschen Correspondances
ausgedrückt:
Si les parfums, les couleurs et les sons se répondent, les gestes, les expressions
physiques, les pensées, les sentiments font de même. [...] une analogie existe entre
l'aspect extérieur d'un être et sa vie intérieure. Imiter l'apparence externe, c'est
donc se mettre dans les conditions nécessaires du sentiment correspondant (ebd., 31).
Wenn die Düfte, die Farben und die Töne einander antworten, so gilt dasselbe für die
Gesten, den körperlichen Ausdruck, die Gedanken, die Gefühle [...] es besteht eine
Analogie zwischen dem äußeren Anblick eines Wesens und seinem inneren Leben. Die
äußere Erscheinungsweise nachahmen, das bedeutet also, sich in die notwendigen
Bedingungen des entsprechenden Gefühls zu versetzen. Im Gegensatz zu den Dichtern, Schauspielern und Moralisten, die sich das
Innenleben ihrer Mitmenschen durch die Nachahmung ihrer Körpersprache aneignen, richtet
sich jedoch die Aufmerksamkeit des Kritikers nicht auf das gestische Verhalten des
empirischen Subjekts, sondern auf das Kunstwerk. Kein vorgängiges Erlebnis des Autors,
keine lebensweltliche Persönlichkeit soll rekonstruiert werden, sondern der mentale
Zustand des schöpferischen Ich, dessen Analogie und einziger Ausdruck in Form eines
literarischen Gebildes vorliegt. Für den critique d'identification auf der Suche
nach dem Bewußtseinsprofil eines Dichters bildet also dessen Text selbst als
Wortkomposition das Äquivalent des gestischen Ausdrucks im gesellschaftlichen Leben; die
mimetische Gestik des Lesers ist eine "Bewegung des Geistes":
Frère et alter ego du poète, le critique, le lecteur, est donc celui qui se
répète un certain état d'esprit qui fut celui du poète.
Mais comment cette répétition a-t-elle lieu? Nous l'avons vu, par quelque mouvement
d'esprit associé à la mimique répétitive de l'acteur, non par une réflexion directe
des sentiments d'âme à âme. Or ce qui correspond dans la lecture critique aux façons
de dire et de faire, c'est-à-dire aux signes que le comédien perçoit et répète, ce
sont les mots prononcés par le poète et repris par le critique dans sa lecture. [...] Le
poème n'est rien d'autre que cela: un groupement spécifique de mots en vue de produire
dans celui qui les lit le même effet que celui que le poète avait éprouvé lui-même et
qu'il avait précisément l'intention de faire éprouver. (ebd., 34f.)
Als ein Bruder und Alter Ego des Dichters ist der Kritiker, der Leser also jemand,
der sich einen gewissen Geisteszustand wiederholt, der derjenige des Dichters war.
Aber wie findet diese Wiederholung statt? Wir haben es gesehen, durch eine Bewegung des
Geistes, die an die repetitive Mimik des Schauspielers erinnert [...]. Was nun bei der
kritischen Lektüre den Redens- und Verhaltensweisen entspricht, d.h. den Zeichen, die der
Schauspieler wahrnimmt und wiederholt, das sind die vom Dichter ausgesprochenen und vom
Kritiker in seiner Lektüre wieder aufgegriffenen Worte. [...] Das Gedicht ist nichts
anderes als das: eine spezifische Gruppierung von Worten mit der Absicht, im Leser die
gleiche Wirkung wie diejenige hervorzurufen, die der Dichter selbst empfunden hatte und
die genau er zu empfinden geben wollte. Mouvement de l'esprit, geste créateur – die beiden Metaphern, mit denen
Poulet die beiden untrennbar verbundenen Seiten des dichterischen wie des kritischen
Schaffensprozesses beschreibt, lassen zugleich in ihrem Zwischenraum eine instantane
Bewegung des Übergangs vom rezeptiven Mimetismus zum kreativen Akt ahnen. Insofern bilden
sie eine Figur, die Paul de Man als das wichtigste Strukturprinzip von Poulets
Literaturkritik bezeichnet hat (de Man 1971, 94, vgl. auch ebd., 89): Einen moment de
passage, eine radikale Kehrtwendung des Geistes, z.B. die Entscheidung, wie de Man am
Beispiel von Proust formuliert, "to pass from experience to writing" (ebd., 99).
Der Wert dieser mentalen Bewegungsmetaphorik beschränkt sich für Poulet nicht auf
die Beschreibung des generellen Ablaufs einer bestimmten poetischen und
literaturwissenschaftlichen Methode. Vielmehr bildet sie eine der zentralen heuristischen
Kategorien für sein eigenes kritisches uvre. Poulets Leidenschaft als Kritiker gilt
der je spezifischen Qualität dessen, was er mit wechselndem theoretischen Interesse als cogito,
distance intérieure (den inneren Abstand zwischen Ich und Objekt), point de
départ (Ausgangspunkt) oder mesure de l'instant (Maß des Augenblicks) eines
Autors bzw. einer literarischen Epoche bezeichnet hat. Gemeinsam ist den Studien, die er
diesen Themen gewidmet hat, die Aufmerksamkeit auf sprachlich vermittelte, aber ihrer
Natur nach jenseits der Grenze sprachlicher Mitteilbarkeit liegende mentale
Diskontinuitäten oder Differentiale. Diese idiosynkratischen inneren Räume, Augenblicke,
Ausgangs- und Wendepunkte werden in ihrer jeweiligen Eigenart über eine Bildersprache
erschlossen, die sich mit Vorliebe dynamischer, in vielen Fällen gestischer (aber auch
z.B. aquatischer, meteorologischer, technischer) Metaphern bedient. Die 'kreative Geste',
nahezu identisch mit dem point de départ und dem Cogito, der "prise
de conscience" (dem 'Bewußtsein-Nehmen') eines Autors oder auch der "saisie
toute neuve de son être pensant" (dem 'ganz neuen Ergreifen seines denkenden
Seins'), mit der das schöpferische Denken anhebt oder sich unterbricht (Poulet 1971,
305), ist Gegenstand aller Untersuchungen, die Poulet unter dem Titel La conscience
critique zusammengefaßt hat; jeder der hier portraitierten professionellen Leser
zeichnet sich durch eine unverwechselbare rezeptive und kreative Gestik aus. Albert
Thibaudet z.B. "schließt sich nicht eine Minute länger als notwendig im Werk
ein" für ihn ist "eine wesentlich exzentrische Bewegung" charakteristisch
(ebd., 58f.). Jacques Rivière dagegen nähert sich dem ästhetischen Objekt vorsichtig
und tastend wie ein Blinder:
Point de saisie immédiate de l'objet par la pensée, point de raccourci ou de vue
cavalière pour aussitôt l'embrasser, mais au contraire une lente et incertaine avance
[...] On dirait que chez Rivière le progrès de la connaissance suit une voie qui est
celle empruntée habituellement non par les voyants mais par les aveugles: avance à
tâtons, suivie d'un contact physique et de l'exploration des surfaces; puis la difficile
et maladroite pénétration d'une réalité opaque, l'obscur enfoncement de la pensée
dans une matière qui lui résiste. (ebd., 62)
Kein unmittelbares Ergreifen des Gegenstandes durch den Gedanken, keine Abkürzung oder
Kavalierperspektive um ihn sofort zu umfassen, sondern im Gegenteil ein langsames und
unsicheres Vorgehen [...] Das Fortschreiten der Erkenntnis folgt bei Rivière sozusagen
einem Weg, den für gewöhnlich nicht die Sehenden, sondern die Blinden einschlagen: ein
tastendes Vorgehen, gefolgt von einem physischen Kontakt und der Erkundung der
Oberflächen; dann das schwierige und ungeschickte Eindringen in eine opake Wirklichkeit,
das dunkle Einsinken des Gedankens in eine Materie, die sich ihm widersetzt.
Während bei Rivière, der "zur Hälfte in seinen Gegenstand
eingegraben, aber zur Hälfte noch draußen geblieben" ist (ebd., 63), die
Lektürebewegung im mühsamen Annäherungsprozeß gleichsam steckenbleibt, gelingt es
Charles Du Bos auf souveräne Weise, "im Pulsschlag, im Herzrhythmus, nach den
zartesten organischen Schwankungen des solcherart nacherlebten Denkens" (ebd., 81) zu
schwingen. Dubos lebt mit den "großen Toten" in "gedrängtester Intimität
und gleichsam umschlungen" (ebd.). Ebenso vollkommen wie der passive "premier
temps" der kritischen Hyperbel ist bei Du Bos aber auch ihr schöpferischer Schwung.
Wenn der zunächst leer und unbeweglich verharrende Geist des Kritikers einmal durch die
"impulsion initiale" (ebd., 72) der befruchtenden Lektüre in Gang gesetzt
worden ist ("l'esprit se met en branle" oder "en mouvement"; ebd.,
99f.), schießt der kreative Gedanke mit überschwenglicher Begeisterung empor und
ergießt sich unaufhaltsam in einer heftigen, aber schnell erschöpften Fontäne. Er rast
drauflos wie ein durchgegangenes Pferd (ebd.). Der Kritiker Dubos gleicht einem
Kunstspringer, dem die identifikatorische Lektüre als Sprungbrett dient und dessen
Körper in der Luft die Figuren des dichterischen Ausdrucks nachbildet:
Cet esprit [mis en mouvement], certes, c'est en premier lieu celui de l'artiste, du
poète. Mais c'est aussi celui de l'être qui, ayant retrouvé le même point de départ,
peut s'en servir d'un tremplin pour ses inventions propres [...] Ainsi l'exaltation n'a
pas d'autre fin que de porter celui qui reçoit jusqu'au plan où se situe celui qui
donne. Au sens le plus exact du terme, c'est une élévation.
Elévation qui devient l'acte même de la pensée critique. Critiquer, c'est se hausser.
C'est se porter de son propre élan jusqu'au niveau où se sont portés ceux à la pensée
desquels l'on participe, bien plus, c'est s'élever par un mouvement analogue en faisant
dans l'espace spirituel des mouvements semblables, en inventant les mêmes images, en
produisant des idées neuves mais analogues, en parlant un langage qui est non exactement
le leur, mais qui est équivalent (ebd., 99).
Dieser [in Bewegung gesetzte] Geist ist sicherlich in erster Linie der des Künstlers, des
Dichters. Aber es ist auch der Geist desjenigen, der, wenn er den selben Ausgangspunkt
gefunden hat, ihn als Sprungbrett für seine eigenen Erfindungen nutzen kann [...] So hat
der Enthusiasmus kein anderes Ziel als das, den Empfangenden bis zur Ebene des Gebenden
hinaufzutragen. Im genauesten Wortsinn ist das eine Elevation.
Elevation, die zum Akt selbst des kritischen Gedankens wird. Kritisieren, das heißt [...]
sich aus eigenem Antrieb bis zu dem Niveau hinaufzubewegen, zu dem sich diejenigen erhoben
haben, an deren Gedanken man teilhat, noch mehr, das heißt sich durch eine analoge
Bewegung zu erheben und dabei im geistigen Raum ähnliche Bewegungen auszuführen, dabei
die gleichen Bilder zu erfinden, neue, aber analoge Ideen hervorzubringen, eine Sprache zu
sprechen, die der ihrigen nicht genau gleicht, ihr aber äquivalent ist.
Wie sich herausstellt, gewinnt das gestische Verfahren, das für den Romancier
Balzac und den Dichter Baudelaire zunächst in wörtlichem Verstande die Funktion eines
schöpferischen point de départ erfüllt – es dient dem Auffinden
literarischer Physiognomien und Psychogramme "auf der Straße" –, bei
Poulet den Status einer heuristischen Metaphorik. La conscience critique beschreibt
nicht, wie das Baudelaire-Kapitel suggeriert haben mag, die gestische Dimension eines
Text-Korpus, sondern charakterisiert in Bildern der Körpersprache die methodologischen
Eigenarten einzelner Protagonisten der zeitgenössischen französischen Literaturkritik.
Baudelaires point de départ wird dergestalt zum point de départ von
Georges Poulet; auf den referierenden Nachvollzug einer dichterischen und kritischen
Methode folgt ihre Assimilation, die – auch darin gehorcht Poulet Baudelaire –
eine Analogiebildung impliziert: Bei Poulet geht es nicht mehr um das Gestikulieren eines
sichtbaren Körpers, sondern um die abstrakte Dynamik des Geistes. Das Buch La
conscience critique mit seinen gestischen Portraits ist Ergebnis des geste
créateur, den die einleitenden (und letztlich auch jede der nachfolgenden) Lektüren
ausgelöst haben. 2. Le passage à la parole (Starobinski) In einem der zusammenfassenden Schlußkapitel von La conscience critique
exemplifiziert Poulet an Maurice Blanchot und Jean-Pierre Richard zwei methodologische
Extreme. In einem Fall (Blanchot) endet die Kritik in maximaler Distanz zum untersuchten
Werk; die Metasprache ist von der Sprache des Werks durch einen radikalen stilistischen
Bruch geschieden. Im anderen Fall (Richard) spinnen sich Bande der Komplizenschaft
zwischen Untersuchungsgegenstand und Metadiskurs, "dank eines stylistischen
Mimetismus, der die sinnlichen Themen des kritisierten Werks in die Sprache des Kritikers
überträgt" (ebd., 290). Daß in La conscience critique eine solche
Übertragung stattfindet, ist deutlich geworden. Im folgenden möchte ich zeigen, daß
auch Jean Starobinski das gestische Beschreibungsvokabular literarischer Texte in seinen
eigenen kritischen Diskurs integriert. Wie bei Poulet wird dieses Verfahren zum Gegenstand
und zum Instrument der Selbstreflexion.
Im Vergleich mit Poulet legt Jean Starobinski weniger Gewicht auf den
Ausgangspunkt, den point de départ des kritischen Unterfangens, als auf den Weg,
den der Kritiker vor, während und nach dem Gang durch das Werk zurücklegt. Er nennt
diesen Weg le trajet critique (kritischer Weg, Bahn) oder auch le parcours
critique und konzeptualisiert ihn als einen doppelten hermeneutischen Zirkel. Die
erste Zirkeloperation geht vom Interpreten aus und endet bei ihm, die zweite hat den
Gegenstand der Interpretation zum Ausgangs- und Endpunkt. Starobinskis Ausführungen zum
Zirkel, der beim Interpreten beginnt (und nur dieser soll uns hier interessieren)
impliziert die Inkorporation des Primärtextes in das Interpretationsinstrumentarium des
Kritikers. Dieser trägt seine habitualisierten Interpretationskategorien an das Werk
heran und bereichert sie beim Durchgang durch das Werk um Strukturen und Elemente, die bei
der Lektüre sichtbar geworden sind. In einem der Essays, die Starobinski 1970 unter dem
Titel La relation critique zusammengefaßt hat, heißt es:
l'objet expliqué [...] n'est pas seulement une illustration et un cas d'application d'une
méthode préexistante, il devient partie intégrante du discours du savoir, il donne aux
principes méthodologiques la possibilité de se transformer à travers une pratique, si
bien qu'à la fin l'objet interprété constitue un élement nouveau du discours
interprétant: il a cessé d'être une énigme à déchiffrer et devient à son tour un
instrument de déchiffrement (Starobinski 1970, 162).
der erklärte Gegenstand [...] ist nicht nur Illustration und Anwendungsfall einer bereits
bestehenden Methode, er wird zum wesentlichen Bestandteil des Wissensdiskurses, er bietet
den methodologischen Prinzipien die Möglichkeit, sich durch eine Praxis zu
transformieren, so daß am Ende der interpretierte Gegenstand ein neues Element des
interpretierenden Diskurses bildet: er hat aufgehört, ein Rätsel zu sein, das
dechiffriert werden muß, und wird seinerseits zu einem Instrument des Dechiffrierens.
Der Kritiker, der einen einmal erschlossenen Text zum Modell der Interpretation
erhebt – Starobinski spricht von modèle opératoire oder auch von emblème
explicatif (ebd.) –, leistet dabei in erster Linie einen Akt der
Selbstinterpretation. Nachdem er den Text seinen vorgängigen Analysekriterien gefügig
gemacht hat, vermag dieser den persönlichen Stil des Interpreten auf einer neuen Ebene
widerzuspiegeln. Ein solcher "projektiver" oder "subjektiver" (ebd.,
151f.) Diskurs des Kritikers "verweist auf sich selbst, [...] setzt sich selbst,
bestätigt sich in seinem Stil, seiner Ordnung und seinen Möglichkeiten" (ebd.,
161). Er ist in Starobinskis Augen legitim, insofern er, ähnlich wie das Umschlagen der
identifikatorischen Lektüre in einen eigenständigen Schöpfungsakt bei Poulet, dem
Kritiker einen Weg zur Selbstfindung und Selbstreflexion eröffnet.
Statt der Rousseau-Lektüre zu folgen, mit der Starobinski in La relation
critique sein Modell der Kritik illustriert, möchte ich mich nun einem (erstmals 1960
publizierten) Kapitel aus Starobinskis Buch Montaigne en mouvement zuwenden, an dem
sich ein vergleichbarer trajet critique beobachten läßt. Sowohl Montaigne als
auch Rousseau betreiben, wie Starobinski zeigt, in ihren Autobiographien eine Praxis der
Selbstreflexion, die auf der Lektüre von Gesten beruht – eine Praxis, die sich in
der Arbeit des Kritikers wiederholt. Starobinskis Lektüren der Essais und der Confessions
lassen jedoch einen wesentlichen Unterschied im Charakter der je praktizierten
Selbsterfahrung erkennen. Rousseau liest seine Obsessionen aus den Gesten und Blicken
seiner Mitmenschen, in die er sie zuvor hineinprojiziert hat. Montaigne dagegen wendet
sich ab von der Außenwelt und richtet seinen Blick nach innen. Was er dort antrifft, ist
ein Leerraum. Deshalb kann sich der Prozeß der Selbsterkenntnis nicht aus einem inneren
Reichtum nähren, sondern bleibt auf sich selbst verwiesen; das Ich erfährt seine
Identität nicht als Anschauung, sondern als Empfindung einer physischen Spannung. Als das
Eigene wird der Stil oder die Manier eben jener Geste erfahrbar, mit der sich das suchende
Ich in seinen inneren Raum zurückzieht (Starobinski 1982, 271f.):
Car ce que Montaigne décrit surabondamment, par reprises successives, c'est la façon
dont l'action réfléchie, dirigée vers l'intérieur, prend conscience de sa propre
tension et du rhythme de sa poussée. Si l'espace exploré reste indéfini nul, le corps
explorant s'éprouve dans l'acte même de la recherche, prend forme en se sensibilisant à
son geste. L'évidence qui s'offre ici n'est pas le paysage ou le relief d'un moi
"profond" mieux déchiffré, mais celle du sujet ignorant et inlassable qui n'en
finit jamais d'enquêter sur lui-même. L'inspection du moi, quelle que soit sa
progression intérieure, n'acquiert jamais rien d'autre que la conscience musculaire du
mouvement même de l'inspection (ebd., 272).
Was Montaigne übermäßig ausführlich, in wiederholten Anläufen beschreibt, das ist die
Art und Weise, in der der reflexive, nach innen gerichtete Akt sich seiner eigenen
Spannung und seines Stoßrhythmus bewußt wird. Wenn der erkundete Raum unbestimmt und
nichtig bleibt, empfindet sich der erkundende Körper im Akt der Suche selbst, nimmt
Gestalt an, indem er sich für seine Geste sensibilisiert. Die Evidenz, die sich hier
darbietet, ist nicht die Landschaft oder das Relief eines besser entzifferten 'tiefen'
Ich, sondern die des unwissenden und unermüdlichen Subjekts, das nicht davon abläßt,
sich selbst zu erforschen. Die Inspektion des Ich, wie auch immer ihr inneres
Fortschreiten beschaffen sein mag, erlangt niemals etwas anderes als das muskuläre
Bewußtsein der inspizierenden Bewegung selbst.
Die Schrift der Essais ist das Negativ dieser gestischen Selbsterfahrung
ihres Autors: Am Ende kann sich das "in sich selbst zusammengerollte"
Bewußtsein in Gestalt einer beschriebenen Schrift-Rolle entrollen ("Das so
beschriebene Einrollen der Bewegung schafft die Möglichkeit eines abschließenden
Entrollens, in der geschriebenen Gestalt der 'Rolle'", "L'enroulement du
mouvement ainsi décrit crée la possibilité d'un déroulement ultérieur, sous la figure
écrite du 'rolle'"; ebd., 271). Montaignes gestische und zirkuläre Selbstaneignung
entäußert sich in einem umgekehrten Zirkel, dessen doppeltes Pendant nun der Leser
nacherleben kann. Wer Montaignes Essais liest, wiederholt innerlich seine suchenden
Bewegungen und vermag am Ende, wenn er ein Interpret ist, das Protokoll seiner muskulären
Selbstwahrnehmung zu entrollen:
"Tout mouvement nous découvre." Qui veut découvrir Montaigne doit écouter son
conseil et considérer son mouvement. Lire une page des Essais, c'est faire, au
contact d'un langage prodigieusement actif, tout une série de gestes mentaux qui
transmettent à notre corps une impression de souplesse et d'énergie. Le plus intime de
Montaigne se manifeste dans cette vitalité corporelle si puissament communicative (ebd.,
267).
"Jede Bewegung entblößt uns." Wer Montaigne entdecken will, muß auf seinen
Rat hören und sich mit seiner Bewegung befassen. Eine Seite der Essais lesen, das
bedeutet, im Kontakt mit einer wunderbar aktiven Sprache eine ganze Reihe mentaler Gesten
zu vollführen, die auf unseren Körper einen Eindruck der Geschmeidigkeit und Energie
übertragen. Die persönlichsten Seiten Montaignes zeigen sich in dieser auf so kraftvolle
Weise kommunikativen körperlichen Vitalität. Starobinskis kinästhetisches Protokoll beginnt mit der Übertragung von Montaignes
moralistischem Credo ("tout mouvement nous découvre") in seine eigene
Lebenswelt, die des Kritikers. Das Beobachten von Bewegungen bedeutet für ihn eingehende
Textanalyse; Selbstbeobachtung (Montaignes "s'enrouler en soi-même") ist das
aufmerksame Registrieren von Lektüreerfahrungen. So verwandeln sich für den
sensibilisierten Leser Kommata in Atemzeichen, Momente des Ausruhens oder "schlafende
Augen", die Gelegenheit zu erneuten Anläufen geben; Verben erhalten den Wert von
Handlungen, Einschübe können "abzweigen" oder "emporschießen", weil
Montaignes Satz-Körper sich "geschmeidig dehnen" (wie im obigen Zitat die des
Lesers); Sätze formen "Haltepunkte" oder werden von der Bewegung der
vorangehenden "mitgerissen" (ebd., 269f.). Dabei gehen die von Montaigne
beschriebenen und von Starobinski referierten Gesten bruchlos in die grammatikalischen
über; die organischen Bewegungen des Textes wirken wie unmittelbare physische Reflexe des
denotierten Wortsinns.
Hier bereits hat sich die Transformation des Primärtextes in ein Lektüremodell
vollzogen: Montaigne persönlich scheint seinem Leser Starobinski zu diktieren, wie er
gelesen werden will, nämlich genauso, wie er selbst sich liest. Lektüre, darin stimmt
Starobinski mit Montaigne überein, ist immer in erster Linie eine Lektüre des eigenen
Ich, ganz gleich, ob sie ein äußeres Interpretandum als Katalysator verwendet,
oder, gleichsam in Reinform, ihren Stil im Selbstgefühl sucht. Jahre später überführt
Starobinski das Resultat seiner gestischen Montaigne-Lektüre jedoch auch explizit in eine
Theorie der Kritik. Unter dem Titel L'Imagination projective erscheint in La
relation critique ein Essai über den Rorschach-Test, der mit demselben
Montaigne-Zitat beginnt wie das eben verhandelte Kapitel: "Tout mouvement nous
découvre" (Starobinski 1970, 238). Unter Berufung auf Merleau-Pontys Phénoménologie
de la perception wird die These vom offenbarenden Charakter der Geste nun auf die
Idiosynkrasien der sinnlichen Wahrnehmung ausgedehnt – Sinneswahrnehmungen und Gesten
sind für den Phänomenologen zwei Seiten derselben Sache. Insofern verhält sich der
Patient, der in die symmetrischen Farbflecken des Rorschach-Tests seine psychischen
Obsessionen projiziert, wie der Künstler zur Wirklichkeit. Der Psychologe wiederum, für
den die Deutungsmuster der Testperson einem Psychogramm gleichkommen, ähnelt dem
Kritiker. Gemeinsam ist den beiden nicht zuletzt die Spannweite ihrer
Interpretationsmöglichkeiten. Die semantischen Schattierungen ihrer Aussagen verraten
ebensoviel über die dahinterstehenden Personen wie die Projektionen von Testpersonen und
Dichtern:
le diagnostic est une uvre seconde, construite sur cette première uvre
qui est la réponse du sujet. Voilà qui n'est pas très éloigné de ce que poursuit,
dans un autre domaine, l'activité critique [...] Mais ajoutons aussitôt que les modes et
les variations sémantiques du langage 'savant' de la psychologie ne sont pas moins
surprenantes que celles du langage critique. Les concepts synthétiques, qui servent à
l'énoncé du diagnostic, sont des créations spéculatives. [...] Le reproche ne
s'adresse pas ici au test de Rorschach, qui manifeste notre vérité comme fait chacun de
nos gestes, chacune de nos paroles: il concerne cette uvre incertaine qu'est
l'explication de cette vérité (ebd., 249).
die Diagnose ist ein zweites Werk, konstruiert auf der Basis jenes ersten Werks,
das die Antwort des Subjekts bildet. Zweifellos ist dies nicht sehr weit entfernt von dem,
was in einem anderen Bereich die Tätigkeit des Kritikers verfolgt [...] Aber fügen wir
sofort hinzu, daß die Modi und die semantischen Variationen der 'gelehrten' Sprache der
Psychologie nicht weniger überraschend sind als die der Kritikersprache. Die
synthetischen Begriffe, die zur Formulierung der Diagnose dienen, sind spekulative
Kreationen. [...] Der Vorwurf richtet sich hier nicht an den Rorschach-Test, der unsere
Wahrheit offenbart wie jede unserer Gesten, jedes unserer Worte: er betrifft jenes
unsichere Werk, das die Erklärung dieser Wahrheit ausmacht. Mit dieser metakritischen Lektüretheorie schließt sich der zweite Zirkel, den
mein Vortrag beschreiben wollte.
Abschließend möchte ich noch zwei Thesen formulieren, als Antworten auf die
Frage, warum die gestische Metaphorik für die französische Literaturkritik von
Baudelaire und Proust bis hin zu Poulet und Starobinski eine so vordringliche Rolle
spielt. Erstens, im Sinne der beiden letzteren: Die Kritik bezieht ihre
Daseinsberechtigung ebenso wie ihre Themen aus den großen Werken der französischen
Literaturgeschichte, und sie hat deren Mythen und Obsessionen verinnerlicht. Zu ihnen
gehören die moralistische These von der Lesbarkeit der Charaktere durch ihre Gesten, die
hier durch Montaigne dokumentierte Tradition, das Selbst als Raum sowie das Denken und
Empfinden als Bewegung in diesem Raum darzustellen, aber auch die anthropologischen
Fiktionen Condillacs und Rousseaus. Diesen Ursprungsmythen zufolge ist der "Übergang
zur Sprache" nur im Durchgang durch ein fast-sprachliches Stadium vorstellbar, und
dieses Stadium ist das gestische. Noch der Beginn von Prousts Recherche kann, das
habe ich zu Beginn meines Vortrags angedeutet, nach diesem Schema interpretiert werden.
Wenn es einem Literaturwissenschaftler wie Poulet darum geht, den point de départ
eines Schriftstellers zu rekonstruieren, dann liegt es nahe, diese Grenzüberschreitung
als Schritt von der Geste zur Sprache zu konzeptualisieren. Umgekehrt bietet es sich an,
den "Rhythmus" oder "Eindruck" den eine Lektüre in uns hinterläßt,
als einen gestischen Reflex zu verstehen, ähnlich den affektiven Symptomen der
empfindsamen Protagonisten Rousseaus.
Zweitens lassen sich die gestischen Metaphern, die Poulet und Starobinski zur
Beschreibung abstrakter dynamischer Leseerfahrungen verwenden, als Bestandteile einer
elementaren Bildersprache verstehen, mit der der Mensch seine psycho-physische
Selbsterfahrung artikuliert. Gaston Bachelard hat in diesem Sinne Psychologien des Feuers,
des Wassers, der Luft, der Erde etc. entworfen. Gestik kann unter diesen Metaphernfeldern
insofern einen privilegierten Stellenwert beanspruchen, als der bewegte Körper erstes und
unmittelbares Medium menschlicher Selbst- und Raumerfahrung ist. Gestische Metaphorik
wäre eine "erste" Metaphorik, der die elementaren Gegenstände der äußeren
Sinne (Wasser, Feuer, Luft, Erde etc.) in einem gewissen Abstand folgen.
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